probe #6

12.02.2015:

Da wir ja im Moment in zwei Einheiten proben, dieses Mal ein Eindruck aus beiden Proben:

1. Taubendreck, Kälte, Absperrgitter, zertrampelter Schnee. Große, finstere Hallen mit flackerndem Neonlicht oder Smartphone-Strahlern ausgeleuchtet. Schachteln stehen herum, ein vergessener Rasenmäher, Projektmodelle der Design-Uni-Studenten liegen wie Strandgut da. Kondensstreifen der Flugzeuge malen rosa Pinselstriche auf den dämmrigen Himmel, davor die schwarze Silhouette eines Wasserturms.

Die Überreste der Glanzstofffabrik. Da atmet Vergangenheit.

„Hier standen die Dampfkessel“.

„Da war die Konerei“.

„Da die Packerei“.

„Bitte nicht weitergehen, ihr verliert euch in der riesigen Halle“.

„Die Spinnerei. Bitte nur reinschaun, nicht betreten“ – der hineingeworfene Blick fällt auch gleich wieder hinten hinaus ins Abendrot: dieser Teil wird gerade abgrissen. Schade, war Renates Lieblingsraum.

Die Überreste der Glanzstofffabrik. Heute riecht es nach Zukunft:

„Hier werdet ihr spielen“.

„Hier findet die Beginnszene statt – mit allen, da wird das Publilkum stehen“.

„Da hinten wird die Garderobe sein, da vorne die Premierenfeier“.

„Dort oben ist die Schlussszene – wieder alle“.

Das Bürgertheater 3.0 besuchte den Spielort. It was great!!!!

Dann gings aber flugs zur Probe ins Studio. Irgendwie kennen alle eine Abürzung zum Theater, nur Gerda und Arnold nicht, die lernten halb St. Pölten kennen.

Mit imaginären Samurai-Schwertern die Luft spaltend, übten wir uns „HA-HO-HU“ in Rhytmus-Disziplin, lernten präzise zu artikulieren („beim O und U macht man ein Schnäuzchen!“) und unsere Stimme zu erheben (Renate hatte die Wollhaube auf und hörte nichts). Und es gab Medaillen fürs Konzentrieren.

Wenn jemand glaubt, Renate sei streng, dann hat der noch nicht Gabrielle und Karin erlebt …

Schauspielerisch beschäftigten wir uns in 5-er Gruppen mit den Unfallberichten vom Jänner und Februar 1964, versuchten sie als Chor und mit Einzelstimmen vorzutragen und zwar so, dass man uns zuhört.

DAS WAR NICHT LEICHT!

Und weil wir so brav sind, bekamen wir Texte aus den Szenen 1–7 mit nach Hause und dürfen uns auch für eine Rolle freiwilllig melden.

Was haben wir noch gelernt?

„IHR MÜSST DIE WORTE VERZAUBERN!“

Gerda Schiller holt bei der Bürgerproduktion 3.0 GLANZSTOFF ihren Geschichtsunterricht nach.

2.

Schmutzige Wände – frei nach Jean Paul Sartre – war unser erster  Eindruck beim Betreten der Glanzstoffhallen.
Zwischen Taubenkot, Schuttablagerungen und Gerümpel – ein Déjà-vu  –, die „alte Dame “ (Glanzstoff) wurde lebendig.
Maschinengestampfe, Arbeitergemurmel
Spürbar, spielbar, wunderbar.
20 Uhr: Probe
Wir sprechen über die subjektiven Eindrücke, die die morbiden Hallen hinterlassen haben.
Vergangene Woche hatten einige gesundheitliche Probleme, andere versuchten, diese zu verdrängen.
Nach entspannendem Samuraispiel tauchen wir, geteilt in vier Gruppen, wieder in die Welt der Glanzstoff ein.
… Und mich hat es jetzt auch gepackt!
Karin Dunky aus St.P., die nämlich eigentlich ganz anders ist, aber so selten dazu kommt, ist zum zweiten Mal dabei.

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